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Medizin und Wissenschaft
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Zwei Jahre mit Herzpflaster: Patient berichtet über seine Erfahrungen Patientinnen und Patienten mit Herzschwäche wurde im Rahmen einer weltweit einzigartigen Studie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des UKSH im Labor gezüchtetes Herzgewebe implantiert. Das sogenannte Herzpflaster soll das Herz dauerhaft stärken und hat das Potential für einen neuen Therapieansatz.
Die klinische Studie BioVAT-HF-DZHK20 ist Anfang 2021 gestartet und Teil des translationalen Forschungspro gramms des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf Forschung (DZHK). Der Studie geht eine 25-jährige präklinische Entwicklung voraus. Die Herstellung der künstlichen Herzgewebe für die Anwendung in der Studie an der UMG wird von dem Göttinger Biotechnologieun ternehmen Repairon GmbH, einer Ausgründung aus der Universitätsmedizin, kofinanziert.
Dr. Lothar Germeroth, Geschäfts führer der Repairon GmbH, einer Ausgründung aus der Universitäts medizin Göttingen, Prof. Dr. Stephan Ensminger, Direktor der Klinik für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie am Universitären Herzzentrum Lü beck des UKSH, Frank Teege, Patient mit Herzpflaster aus Lübeck, Prof. Dr. Ingo Kutschka, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), und Prof. Dr. Wolfram Hubertus Zimmermann, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der UMG (v.l.n.r.). Foto: © Samer Al Mhethawi
Vorbereitung des Herzpflasters für die Operation
gezüchtetem Herzgewebe an der UMG und am UKSH implantiert. Einer dieser Studien Patienten ist Frank Teege, der am UKSH operiert wurde: „Ich wurde immer schwä cher und konnte keine 50 Meter laufen, ohne Atemnot zu bekommen. Tatsächlich hatte ich nur noch eine Herzleistung von zehn Prozent“, sagt der 66-Jährige. „Am Uni versitären Herzzentrum Lübeck des UKSH wurde mir die Möglichkeit vorgestellt, an der Herzpflaster-Studie teilzunehmen. Nach der Operation mit dem Herzpflaster hat sich meine Herzleistung deutlich verbessert. Sie beträgt jetzt 35 Prozent.“ „Erstmals konnten wir den Aufbau echter Herzmuskulatur am menschlichen Herzen beobachten. Unser Ziel ist es, das Herzpflas ter als Therapieverfahren für Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Herz schwäche zu etablieren – und das weltweit“, so der wissenschaftliche Leiter der BioVAT HF-DZHK20-Studie, Prof. Dr. Wolfram Hubertus Zimmermann, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der UMG.
„Nach vielen Jahren der präklinischen Entwicklung und Forschung konnten wir jetzt zum ersten Mal die Übertragbarkeit biologischer Herzmuskelgewebeimplan tate und den Aufbau neuer Muskulatur im menschlichen Herz mit schwerer Herzmus kelschwäche zeigen“, sagt Prof. Dr. Stephan Ensminger, Direktor der Klinik für Herz- und thorakale Gefäßchirurgie am Universi tären Herzzentrum Lübeck des UKSH und chirurgischer Leiter der Studie am UKSH. In der aktuellen zweiten Phase wird die Stu die als sogenannte Proof-of-Concept (PoC) Studie fortgesetzt. Eine erste Zwischenaus wertung mit besonderem Augenmerk auf die Wirksamkeit erfolgt nach Behandlung von insgesamt 15 Patientinnen und Patien ten mit einer Dosis von 800 Millionen Zel len. Insgesamt sollen 35 Patientinnen und Patienten in dieser Form behandelt werden. Die Studie ist ein Exempel für translationale Forschung: Vom Labor bis in die klinische Anwendung – zum Wohle der Patientinnen und Patienten.
H erzinsuffizienz führt in Deutschland zu rund 400.000 Krankenhausein weisungen pro Jahr. Bei zehn Prozent aller Patientinnen und Patienten mit Herzschwä che ist die Erkrankung so schwerwiegend, dass sie trotz optimierter Behandlung mit einer mittleren Lebenswartung von nur zwölf Monaten einhergeht. Aufgrund des demografischen Wandels wird die Häufigkeit von Herzinsuffizienz weiter zunehmen und dabei zum Tode von mehr Menschen führen als durch jede andere Krankheit. Neuartige Behandlungsoptionen für die Reparatur oder Regeneration des Herzens würden das The rapiespektrum erheblich erweitern. Die von der Universitätsmedizin Göt tingen (UMG) und dem UKSH, Univer sitäres Herzzentrum, Campus Lübeck, gemeinsam durchgeführte klinische Studie
BioVAT-HF-DZHK20 überprüft erstmals im Menschen, ob im Labor gezüchtetes Herzge webe das Herz von Patientinnen und Patien ten mit schwerer Herzschwäche dauerhaft durch den Wiederaufbau von Herzmuskel gewebe stärken kann. Das Gewebe wird aus induzierten-pluripotenten Stammzellen in Reinräumen der UMG unter der Leitung der Transfusionsmedizin hergestellt und als sogenanntes Herzpflaster auf den erkrankten Herzmuskel aufgenäht. Ziel der klinischen Prüfung ist es, für den Einsatz von gezüchte tem Herzgewebe die Zulassung als Arznei mittel für neuartige Therapien zu erhalten. In der ersten Phase der Studie wurde mit insgesamt 800 Millionen Herzzellen die maximal sichere Höchstdosis für das Herz pflaster ermittelt. Acht Patientinnen und Patienten wurde diese Höchstdosis an
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