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MEDIZIN UND WISSENSCHAFT

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Neue Hoffnung für das (fast) ausgestorbene Nördliche Breitmaulnashorn

Ein internationales Team hat das nahezu voll ständige Erbgut des Nördlichen Breitmaul nashorns (Ceratotherium simum cottoni) ent schlüsselt. Die Arbeit der Forschenden könnte dazu beitragen, die fast ausgestorbene Nas hornart zu retten. Ihre Studie wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift PNAS veröf fentlicht. Maßgeblich beteiligt waren Fachleute der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKSH, Campus Kiel, der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik, Berlin, der San Diego Zoo Wildlife Alliance und des Scripps Research Institute, Kalifornien. Nördliche Breitmaulnashörner gehören zu den seltensten Tieren der Erde; derzeit leben nur noch zwei Weibchen, die sich nicht mehr

fortpflanzen können. Seit 2011 haben ame rikanische Forschende Stammzelllinien von Nördlichen Breitmaulnashörnern im Labor gezüchtet. Diese Zellen haben die Fähigkeit, sich in jeden anderen Zelltyp zu verwandeln, einschließlich Eizellen und Spermien, aus denen möglicherweise Embryonen entstehen könnten. Ohne ein sogenanntes Referenzgenom konnte jedoch die Qualität dieser Stammzellen nicht überprüft werden. Die Entschlüsselung des Erbguts ermöglicht es nun den Forschenden, fehlerhafte Zelllinien frühzeitig zu erkennen. „Die Genomkarte erlaubt es uns, die geneti sche Integrität von Stammzelllinien präzise zu analysieren und nur stabile, unveränderte Linien für die Weiterentwicklung auszuwählen“, sagt Prof. Dr. Franz-Josef Müller, stellvertre tender Direktor der Klinik für Psychiatrie und

Dr. Iris Pollmann, kommissarische Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psy chotherapie des UKSH, Campus Kiel, Dr. Gaojianyong Wang, Wissenschaftler und Erstautor der Studie, Dino, Südliches Breitmaulnashorn im Schweriner Zoo, Prof. Dr. Franz-Josef Müller, stellvertretender Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UKSH, Campus Kiel, Björn Brändl, Doktorand, und Christian Rohrandt, Doktorand, Zentrum für Integrative Psychiatrie, Campus Kiel, (v. l.)

realistische Chancen für Leihmutterschaf ten mit Südlichen Breitmaulnashörnern, um so Nachwuchs der nördlichen Nashornart auszutragen. Die in der Genomsequenzierung des Nashorns erworbenen Kompetenzen kommen auch einem zweiten Forschungsfeld zugute: der individu alisierten Behandlung von Depression. Das UKSH ist Teil des bundesweiten Forschungs konsortiums P4D, das die genetischen Ursa chen depressiver Erkrankungen untersucht. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts werden am UKSH und am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin die Genome von 1.000 Patientinnen und Patienten mit Depression entschlüsselt. „Einige der komplexen Verfahren, die wir für dieses Projekt benötigen, haben wir durch unsere Arbeit mit dem Nashorn-Genom erlernt und optimiert“, so Prof. Müller. Die enge Ver bindung von Artenschutz und personalisier ter Medizin unterstreicht die interdisziplinäre Relevanz der Forschung.

Psychotherapie des UKSH, Campus Kiel, und Professor an der Medizinischen Fakultät der CAU.„Gerade bei so seltenen Arten ist das ent scheidend, um keine schädlichen Mutationen weiterzugeben.“ Der vorgestellte Ansatz kann als Modell für ähnliche Projekte bei anderen vom Aussterben bedrohten Arten dienen. Weil der Zugang zum genetischen Material dieser streng geschützten Tiere extrem reg lementiert ist, durfte die DNA ausschließlich in einem besonderen Labor der San Diego Zoo Wildlife Alliance analysiert werden. Björn Brändl, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Campus Kiel, reiste deshalb nach Kalifornien, um dort direkt mit den Proben zu arbeiten. Grundlage der Forschung sind Zelllinien, die seit den 1970er Jahren in der „Frozen Zoo“-Initiative eingefroren und bewahrt wurden – ein Projekt zur Erhaltung genetischer Vielfalt. Ein weiterer zentraler Befund der Studie: Die genetische Struktur des Nördlichen und des Südlichen Breitmaulnashorns ist auf Chromo somenebene nahezu identisch. Dies eröffnet

Björn Brändl, wissenschaftli cher Mitarbeiter der Klinik für Psychiatrie und Psychothe rapie, Campus Kiel, mit Dino, Südliches Breitmaulnashorn, im Schweriner Zoo

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